PERGOLAPROTEST
DOWNLOADS
Radio Lotte
5. 6 2013, 5,4 MB
Radio Lotte
13. 6 2013, 7,1 MB
Pergolaprotestplakat
20. Juni 2013
Salve Regional News
5. 6. 2013 (Link)
3:37-5:58
Pergolaprotestplakat
25. Juli 2013
Chronik der Ereignisse rund um den Divan und sein Terrassenvordach
vom 11. Juni 2004 bis 17. August 2014
11. Juni 2004 Eröffnung der Gaststätte Divan, Brauhausgasse 10, 99423 Weimar
2008 beauftragen die Vermieter Freya und Dr. Guyla de Meleghy das Architekturbüro Hartmann & Helm mit einer einheitlichen Hofgestaltung
2008 Entwurf von Hartmann & Helm für die Hofgestaltung, die jetzige Terrassenüberdachung ist nicht enthalten
2008 geht Meleghy zu den Anwohnern, um eine finanzielle Beteiligung zu erreichen (ca. 50.000 Kosten, 50% Meleghy und den Rest durch drei Mietparteien
zwei Mietparteien (Mövenpick und Hotel am Frauenplan lehnen Kostenbeteiligung ab)
2009 Denis Gök unternimmt mit Absprache mit den Vermietern einen weiteren Vorstoß zur Außen-Gestaltung des Divan, die Anwohner geben ihm Erlaubnis
2009 entwirft Frank Lange von der Fa. „Drauf und dran“ das jetzige Terrassendach, die Konstruktion für das Gerüst obliegt Stahlbau Müller, Weimar
2009 Entwurf von Lange mit Meleghy, vertreten durch Immobilienfirma Adrian abgesprochen, Entwurf von Adrian genehmigt, allerdings muss Denis Gök die Hälfte der Kosten selbst tragen (gesamt ca. 15.000 €), Anwohner einverstanden
April 2009 wird das Terrassenvordach von der Stahlbaufirma Müller gefertigt, der Anbau wird von Denis Gök und Freunden bewerkstelligt nach Anweisung der Fa. Müller (Argument: um Kosten zu sparen, damit entzieht sich die Firma den Verantwortungen ohne Denis Gök davon zu unterrichten, Anm. des Verfassers) fachgerecht angebracht, da es sich bei dem Grundstück um den Privatbesitz von Herrn Meleghy handelt, nimmt Denis Gök an, dass er keine Genehmigung braucht, Farbe und Planengestaltung ist von Meleghy passend zum Innenhof ausgewählt worden
Oktober 2009 kommt Oberbürgermeister Wolf zum Zwiebelmarkt offiziell mit Zwiebelmarktprinzessin unter das Terrassenvordach
April 2010 besucht Frau Griegutsch (Amtsleiterin Stadtentwicklungsamt) mit Herrn Jestaedt (Abteilungsleiter Untere Denkmalschutzbehörde) und Herrn Bognitz (Amtsleiter Bauaufsichtsamt) in amtlicher Funktion den Divan, es kommt zu einem provokanten Dialog:
im Wortlaut lt. Aussage Denis Gök:
Griegutsch: Herr Gök, ich war hier mit dem ehemaligen Verkehrsminister, und ich habe mich geschämt unter der Pergola hindurchzugehen, weil sie so hässlich ist. Denis Gök: Frau Griegutsch, das Einzige, was hier hässlich ist, ist nicht die Pergola, sondern sie!)
Es folgt wenig später, am 18.5. 2010 ein Ablehnungsbescheid
Sommer 2010 Unterschriftensammlung und Protestanmeldung im Rathaus , danach kommt eine Einladung zum klärenden Gespräch von Wolf, diesbezügliche Protest-Kundgebung wird im Interesse des Gesprächs mit der Stadtverwaltung zweimal verschoben
Sommer 2010 OB Stefan Wolf kommt in den Divan und äußert denkmalrechtliche Bedenken, legt das auch schriftlich vor
10. August 2010 Sitzung in der Stadtverwaltung unter Führung von Frau Griegutsch, es werden nachweislich Auflagen zum Brandschutz und zur Statik gegeben, das lässt Denis Gök auf eine Genehmigung hoffen
August/September 2010 Auflagen werden erfüllt
September 2010 Kundgebung auf dem Theaterplatz mit Prof. Herrmann Wirth (ca. 50 Protestteilnehmer), es kommen im Nachgang 1758 Unterschriften, die sich gegen den Pergola-Abbau richten, zusammen (Unterschriften einsehbar)
August 2012 Vorortbesichtigung, die Äußerungen der Richterin geben Denis Gök die Hoffnung, dass der Konflikt lösbar sei, darum nimmt Denis Gök keinen Anwalt, sondern lässt sich von einen Abgeordneten des Landes Thüringen Frank Kuschel (Verwaltungsrechtler) beraten
(Verwaltungsgericht hat keine Anwaltspflicht, bei Gutachten entstehen hohe Kosten, Anm. des Verfassers)
Januar 2013 wird Denis Gök mit Prof. Herrmann Wirth bei Oberbürgermeister Stefan Wolf vorstellig
29. Januar 2013 Prozess Verwaltungsgericht, es ergeht das Urteil, dass das Terrassendach umgestaltet werden soll, damit ist Gök nicht einverstanden und fordert zwei Jahre Gestaltungszeit, dem wird nicht stattgegeben
Denis Gök (unberaten, Anm. des Verfassers) stimmt Vergleich zu
(Die Stadt hätte Ermessensspielraum gehabt, wollte aber keinen Präzedenzfall schaffen, Anm. des Verfassers)
31. März 2013 Denis Gök geht in den Hungerstreik, die örtliche Presse berichtet ausführlich darüber
20. April 2013 beendet Denis Gök nach ärztlichem Anraten und mündlicher Kompromisszusage durch Bürgermeister Peter Kleine den Hungerstreik
22. April 2013 Pressekonferenz im Divan mit Prof. Herrmann Wirth, im Nachgang sichert Peter Kleine noch einmal über die örtliche Presse zu, einen Kompromiss zu finden
29. Mai 2013 schickt die Stadt ein Schreiben mit einem Termin sich bis zum 24. Juni 2013 zu äußern, ob er das Terrassenvordach selbst abbaut, oder ob die Stadt per Auftrag das Terrassenvordach entfernt
18. Juni 2013 Denis Gök reicht schriftlich und persönlich bei der Stadt (Bognitz und Sekretariat Peter Kleine) mit einer erneuten Bitte um Genehmigung bzw. Duldung inkl. Kompromissvorschlägen
20. Juni 2013 erster Pergolaprotest im DIVAN
4. Juli 2013 Pressekonferenz im Divan, OB Wolf verspricht auf Wirken des Mediators Alan Bern, die Unterlagen noch einmal zu prüfen und verspricht einen Kompromisstermin; mehrere Medienvertreter berichten
25. Juli 2013 zweiter Pergolaprotest im DIVAN
Anfang August 2013 Der versprochene Termin findet im Weimarer Rathaus statt, bietet aber aufgrund der starren Haltung der Stadtverwaltungsvertreter keinen ehrlichen Kompromiss. Der Divan wendet sich danach an den Thüringer Petitionsausschuss.
September 2013 Der Abriss der Pergola wird nun endgültig angedroht
11. und 12. Oktober 2013 Protestaktionen im Rahmen des Weimarer Zwiebelmarkts, die regionale Presse reagiert.
18. Oktober 2013 angemeldete Protestaktion auf dem Theaterplatz
18. März 2014 mit dem Petitionsausschuss Thüringen, Vertretern der Stadt und des DIVAN wird vor Ort folgender Kompromiss ausgehandelt: Die Pergola darf bis Ende August 2014 unverändert stehenbleiben, ein neuer Bauantrag soll gestellt werden. Dabei ist NICHT der komplette Abbau gefordert, es sollen nochmals Statiküberprüfungen erfolgen und evtl. einzelne Segmente entfernt werden. Auch Farbveränderungen werden von Herrn Bognitz gefordert. Der Vorsitzende des Petitionsausschusses (selbst Statiker) sieht augenscheinlich keine Probleme bei der Statik. Über die Einigung werden alle Teilnehmer vom städtischen Anwalt zum Stillschweigen verpflichtet.
Mai 2014 nach erfolgtem Neuantrag wird von der Stadt mit Androhung einer hohen Geldbuße doch der komplette Abbau der Pergola gefordert, bevor ein Neubau genehmigt wird.
18.-22. Juni 2014 findet ein Festprogramm zum zehnjährigen Bestehen des DIVAN statt.
15. August 2014 Abschlussfest zum Abbau der Pergola. Der Bildhauer Egwald-Ehrsam wird die Plane der Pergola für ein Kunstprojekt in Köthen nutzen. Verschiedene Künstler feiern bis nach Mitternacht im voll besetzten Divan das Ende des erfolglosen Kampfes. In diesem Sinne wird auch „Das Märchen von der geschenkten Sehnsucht“ von und durch Matthias Huth verlesen.
16. August 2014 Die Pergola wird abgebaut, nun „zieren“ Brauhaus-Werbeschirme wieder den Vorplatz
•••
15. August 2014
DAS MÄRCHEN VON DER GESCHENKTEN SEHNSUCHT
Es war einmal ein Mann, der lebte in einem wunderschönen Land. Es gab viele helle Strände, hohe Berge, saftige süße Feigen und das Meer spiegelte das tiefe Blau des sonnenklaren Himmels. Der Mann liebte die Frauen, welche ein Lächeln auf dem Gesicht trugen, und war ein treuer Freund für seine Freunde. Aber der Mann hatte auch Feinde. Die regierten das Land mehr schlecht als recht und mochten vor allem ihre Macht und ihre Soldaten. Der Mann mochte weder Soldaten noch Herrscher noch Krieg. Und weil er ein mutiger Mann war, sagte er eben dazu auch seine Meinung. Meinung mochten die Herrscher aber am Allerwenigsten. Denn das, was sie sagten war Gesetz, und da sollte es keine Meinung dazu geben. Deswegen schickten die Herrscher ihre Soldaten zu dem Mann, und nachdem die ihn verfolgt und richtig dolle wehgetan hatten, flüchtete er schweren Herzens aus dem Land der süßen Feigen, der hohen Berge, der azurblauen Meere, der warmen Sonne und der lächelnden Frauen.
Es war eine lange und beschwerliche Reise die der Mann unternehmen musste, und schließlich erreichte er ein Land in dem die Sonne nicht so warm schien. Die Frauen lächelten auch nicht so oft, Freunde waren schwerer zu finden, Feigen konnte man nur, und meist getrocknet, im Supermarkt kaufen, und es gab viel Land und wenig Meer. Aber das Land hatte tolle Dichter, die das Leben und die Liebe mit viel Poesie besungen hatten. Das erinnerte den Mann ein wenig an seine Heimat, und er beschloss in der Fremde zu bleiben, bis sein Land mal wieder vernünftige Herrscher hatte. Aber das wird wohl noch sehr lange dauern, denn gerade jetzt wollte ein Herrscher den Frauen wieder das Lächeln verbieten.
Da der Mann sehr fleißig war, reiste er im Land herum und reparierte am Fließband und lötete mit viel Hitze, denn auch das erinnerte ihn an seine sonnige Heimat. Aber irgendwie wurde er nicht so richtig glücklich, denn seinem Herzen fehlte die Poesie. Und die lächelnden Frauen und die herzlichen Freunde fehlten seiner Seele. Also beschloss der Mann, in ein kleines Städtchen aufzubrechen, wo die größten Dichter seines Gastgeberlandes gewohnt hatten. Der Mann hatte gelernt, dass seine Gastgeber fast immer lächelten, wenn sie bei guten Speisen und belebendem Trank saßen. So beschloss er, ein Gasthaus zu gründen, in dem er Speisen und Getränke aus einer Heimat anbot. Und damit die Einheimischen nicht immer auf der Couch vor dem Fernseher saßen, nannte er das Gasthaus DIVAN, denn das ist quasi eine Couch aus seiner Heimat. Und weil der Mann die Poesie liebte, malte er ein paar Gedichte und Sprüche von den großen Dichtern der Stadt an die Wände und Fenster seines Gasthauses. Denn manche der Einheimischen hatte die schöne Poesie ihrer Heimat vergessen, und auch die Frauen hatten kaum etwas zum Lächeln. Aber wenn sie in den DIVAN kamen, dann wirkte der Zauber des fernen sonnigen Landes, und die Frauen lächelten und die Männer vergaßen ab und zu ihre Fernseher, außer wenn Fußballweltmeisterschaft war.
Der DIVAN wurde voller und voller. Weil die Einheimischen und Gäste im Sommer gerne draußen saßen, platzierte der Mann Tische und Stühle in den Hof. Da es aber in dem Land öfter auch regnete, und die Gäste bei Sonne auch gerne im Schatten saßen, stellte der Mann große Sonnenschirme auf.
Aber da der Mann auch durch seine Poesie einen gewissen Sinn für Schönheit entwickelt hatte, bemerkte er schnell, dass die Schirme eigentlich hässlich waren. Und da kam er auf eine Idee. Er malte seine große Sehnsucht, einen der schönsten Häfen des Landes, auf einen Baldachin und stellte ihn über die Tische und Stühle in seinem Hof. Die Gäste kamen, fanden das neue Hofdach sehr schön, und blieben lange lächelnd unter der neuen Pergola sitzen. Außerdem mussten sie bei Regen nicht immer verdünnten Wein und lasches Bier trinken, und wenn sie auf das schützende Dach sahen, dann bekamen sie eine leise Sehnsucht nach fernen Gestaden und neuen Ufern. Da der DIVAN zum Treffpunkt der Völker wurde, kam auch der Bürgermeister und seine zwiebelige Prinzessin. Die stellten sich unter die Pergola, und dann kamen Fotografen, und alle lächelten in die Kamera, und am nächsten Tag stand das in der örtlichen Zeitung. Alle waren glücklich und zufrieden über das Geschenk, was der Mann der kleinen Stadt gemacht hatte. Naja, fast alle.
Zwei Jahre gingen ins Land, und der alte Bürgermeister hatte keine Lust mehr zum Regieren, weil er halt alt war. In der Zeit hatte sich ein kleiner Mann an die Fersen des alten Bürgermeisters geheftet, weil er selber gerne Bürgermeister des Städtchens werden wollte. Er war aus der großen Hauptstadt des Reiches gekommen, und konnte sehr gut mit Akten und Vorschriften umgehen. Denn Vorschriften waren in dem Land sehr beliebt. Zwar nicht so beliebt wie die Fussballweltmeisterschaft, aber es gab viele Leute, welche für solche und von solchen Vorschriften lebten. Und der kleine Mann war einer von denen. Und er war, wie viele kleine Männer auf der Welt: er mochte die Macht. Da unterschied er sich nicht allzu sehr von den Herrschern des sonnenbeschienenen Landes, aus dem der DIVAN-Gastwirt geflohen war.
Nun hatte der kleine Mann, der gerne Bürgermeister werden wollte, aber ein Problem. Er war nämlich nicht so beliebt, wie der alte Bürgermeister. Deshalb probte er vor dem Spiegel immer ein Lächeln. Dabei zeigte er seine vielen weißen Zähne, und manchmal sah das aus, als ob ein Wolf seine Zähne fletscht. Da die Leute des Städtchens aber nicht so genau hinsahen, dachten sie, das wäre ein richtiges Lächeln. Und weil es die Menschen nach Freundlichkeit dürstete, wählten sie den kleinen Mann, nachdem sie den alten Bürgermeister in den Ruhestand verabschiedet hatten, zum neuen Bürgermeister. Als die Leute aber später merkten, dass der neue Bürgermeister nicht richtig lächeln konnte, sondern eher seine Zähne fletschte, nannten sie ihn mit Spitznamen Wolf. Wolf, der Bürgermeister. Da der Wolf aber die Macht hatte, störte ihn das nicht weiter.
Der Wolf hatte nicht viele Freunde, aber er konnte sich ja welche kaufen. Die waren zwar dann Untergebene, aber die machten dann, was Wolf, der Bürgermeister wollte. Und damit man nicht merkte, dass es keine Freunde, sondern Untergebene waren, nannte man sie einfach Mitarbeiter. Und unter den Mitarbeitern waren auch Frauen, und weil man in dem kleinen Städtchen offiziell alles richtig machen wollte, nannte man die Frauen MitarbeiterInnen. Obwohl die auch außen mitarbeiteten.
Unter den MitarbeiterInnen gab es eine, die besonders eifrig war. Zwar war sie weder richtig klug noch schön, aber eben eifrig. Und sie war eifersüchtig, weil sie nicht eine der zwiebeligen Prinzessinnen geworden war, mit denen die Bürgermeister immer unter der Pergola standen, und in die Kamera lächelten. Beziehungsweise die Zähne fletschten.
Und deshalb ging die eifrige MitarbeiterInnin eines Tages in den DIVAN und rief in herrischen Ton, obwohl sie ja eine Frau war: „Du, Gastwirt! Ich komme von der Stadt! Deine Pergola ist hässlich und muss weg!“ Da der Mann aber eine ehrliche Haut war, und seinen Mut auf der langen Flucht aus seinem sonnigen Land nicht verloren hatte, lächelte er die eifrige MitarbeiterInnin an, und sagte: „Ich finde die Pergola nicht hässlich, und deswegen will ich nicht, dass sie wegkommt. Aber SIE finde ich schon hässlich, und deswegen sollten eher SIE hier weg.“ Das hätte er nicht sagen sollten, denn eifrige MitarbeiterInnen habe IMMER Recht. Und deswegen stampfte die Eifrige mit dem Fuß auf, brüllte: „Das sollst Du bereuen!“ und stapfte wütend davon.
Wolf, der Bürgermeister hatte ein Auge auf seine eifrigste MitarbeiterInnin geworfen, weil sie ihm immer zu Willen war. Und deshalb wollte er wissen, warum sie, seit sie aus dem DIVAN zurückgekehrt war, die Türen des Rathauses ständig laut hinter sich zudonnerte, sodass er und alle seine Mitarbeiter immer wieder aus dem Büroschlaf gerissen wurden. Und da erzählte die eifrige MitarbeiterInnin ihrem Gebieter, was sich der hergelaufene DIVAN-Gastwirt erfrecht hatte zu sagen. Daraufhin runzelte Wolf, der Bürgermeister seine Stirn, und sagte: „Man hat damit die Stadtmacht, also auch mich beleidigt. Wir werden ein Exempel statuieren.“ Und dann fingen sie mit dem Statuieren an.
Da gab es aber ein Problem. Denn die Leute der Städtchens mochten die Pergola vor dem DIVAN, und so konnte man die Pergola mit der Sehnsucht von fernen Gestaden und neuen Ufern ja nicht einfach wegreißen. Denn dann wäre ja Wolf, der Bürgermeister, überhaupt nicht mehr beliebt gewesen. Zumindest offiziell, denn heimlich mochten die Leute den Bürgermeister sowieso nicht richtig. Aber da der neue Bürgermeister sich ja mit Akten und Vorschriften auskannte, ersann er Mittel und Wege. Denn er wollte ja nicht, dass seine eifrige MitarbeiterInnin ständig mit den Türen knallte. Denn er und seine Mitarbeiter liebten ja den Büroschlaf, und da störte das laute Türenknallen ja ganz schön.
Also schickte Wolf, der Bürgermeister zuerst seinen Sauberkeitsbeauftragten. Der Sauberkeitsbeauftragte klopfte zur Mittagszeit an die Tür und wollte sehen, ob alle Messer, Gabeln, Löffel, Teller, Tassen und Gläser sauber geputzt waren. Und dabei ließ er sich Zeit. Die Leute murrten, weil sie hungrig und durstig waren, aber in dem Städtchen waren die Vorschriften fast heilig, und so vergingen viele Stunden. Aber obwohl der Sauberkeitsbeauftragte seine Arbeit sehr gewissenhaft machte, konnte er kein Stäubchen und keine Schliere entdecken. Und so zog er von dannen, und war sehr ärgerlich. Denn nur wenn er ein Stäubchen oder eine Schliere gefunden hätte, hätte er den DIVAN schließen können, und dann wäre die Pergola über Nacht verschwunden. Und so knallten die Türen im Rathaus munter weiter, und die Mitarbeiter hatten keinen Büroschlaf. Aber die Leute saßen weiterhin unter der Pergola und lächelten.
Dann entsendete Wolf, der Bürgermeister, seinen Arbeitsbeauftragten. Der sollte überprüfen, ob die Kellner und Köche im DIVAN auch richtig arbeiteten und ob sie eine ordentliche Anmeldung hatten. Und der Arbeitsbeauftragte prüfte und schwitzte. Aber auch er musste nach einer langen Prüfzeit wieder unverrichteter Dinge ins Rathaus ziehen, denn alle Arbeiter im Gasthaus hatten gültige Dokumente. Auf dem Rückweg holte der Arbeitsbeauftragte für seine Kollegen Ohrstöpsel. Denn dass die Türen immer noch knallten, daran konnte er ja nichts ändern.
Wolf, der Bürgermeister, saß in seinem Thronzimmer und trommelte mit den Fingern auf seiner Schreibtischplatte herum. Das machte er immer wenn er seeeehr wütend war. Vor ihm stand sein Baubeauftragter, und wagte kaum zu Atmen. Schließlich blickte der Bürgermeister seinem Baubeauftragten tief in die Augen und sprach: „Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder wir hängen im Rathaus alle Türen aus. Dann können die Leute aber unseren Büroschlaf sehen, und das wäre nicht gut. Oder die Pergola verschwindet noch diese Woche. Lass dir was einfallen! Sonst mach ich Dir ein Angebot, was Du nicht ablehnen kannst!“ Der Baubeauftragte war ein ängstlicher Mann und erbleichte. Er wusste, woher das Zitat mit dem Angebot stammte. Was sollte er tun? Sauberkeits- und Arbeitsbeauftragter waren schon gescheitert. Und jetzt sollte er die ganze Sache ausbaden? Er ging erst einmal nach Hause, setzte sich auf sein Sofa, machte ein bis sehr viel Bierchen auf, schaltete den Fernseher an und schlief ein.
Um Mitternacht wurde der Baubeauftragte wach. Er war etwas bedröselt von dem sehr viel Bier, und der Fernseher lief immer noch. Und da er einen privaten Sender eingeschaltet hatte, liefen um diese Zeit nur noch Horror-und Katastrophenfilme. Und während seine Augen gebannt und furchtsam dem Geschehen auf dem Bildschirm folgten, entwickelte sich in seinem Gehirn auf einmal eine Idee. Das kam selten vor, aber wenn es ihn packte, dann eben richtig. In finsterer Nacht schlich er in sein Büro, ging an den Aktenschrank und blätterte in den Vorschriften. Und schließlich fand er, was er gesucht hatte.
Am frühen Morgen klingelte es an der Tür des DIVANs. Der Mann aus dem sonnigen Land stand etwas verschlafen auf, denn er hatte mit seinen Kellnern und Köchen bis spät in die Nacht seine Gäste bewirtet und vielen unter der Pergola ein Lächeln auf das Gesicht gezaubert.
Vor seiner Tür stand der Baubeauftragte. Und brüllte los: „Wenn ein Schneesturm kommt, dann werden die Leute unter der Pergola begraben und sind mausetot. Und du bist schuld. Ich hab das im Fernsehen gesehen. Also: Die Pergola muss weg!“
Und der Wirt antwortete: „Im Winter ist die Pergola ja weg. Da sitzen die Leute drin, weil es so kalt ist. Also brauchen wir keine Angst vor dem Schneesturm zu haben.“
Da sagte der Baubeauftragte: „Und wenn im Sommer ein Schneesturm kommt? Dann werden die Leute unter der Pergola begraben und sind mausetot. Und Du bist schuld. Ich hab das im Fernsehen gesehen. Also: Die Pergola muss weg!“
Der Mann blieb geduldig: „Im Sommer gibt es keinen Schneesturm. Zumindest nicht hier“.
Der Baubeauftragte bekam einen grüngelbroten Kopf und schrie: „Aber wenn ein Drachen von Deinem Pergolahafenbild angelockt wird und mit seinem Feuerschwall alles verbrennt, dann sind alle Leute mausetot und Du bist schuld. Ich hab das im Fernsehen gesehen. Also: Die Pergola muss weg!“
Der Mann atmete tief durch und sprach dann sehr deutlich: „Baubeauftragter, Du guckst zu viel Fernsehen!“, und schloss die Tür vor der Nase des Baubeauftragten zu.
Der Baubeauftragte hatte inzwischen einen blauen Kopf und atmete schwer. Deswegen setzte er sich erstmal in den Schatten der Pergola, denn er war verzweifelt. Die Türen im Rathaus durfte er ja nicht alle aushängen, das hatte ihm sein Chef unmissverständlich gesagt. Aber die Pergola musste weg. Was sollte er also tun?
Und wie er da so verzweifelt und schwer atmend unter der Pergola saß, kam plötzlich der Rechtsbeauftragte vorbei. Der war sehr clever, und hatte für seine Kollegen immer einen Winkelzug parat. Und da er selbst eine Genehmigung für den Neubau seines Anwesens brauchte, setzte er sich neben dem Baubeauftragten, und redete ohne Pause los. Das konnte er gut, schnell und ausdauernd. Denn er war ja nicht umsonst Rechtsbeauftragter geworden.
„Also, die Pergola muss weg? Ich weiß wie. Denn Geschenke müssen genehmigt werden, sonst könnte ja hier jeder kommen, und jeder Jedem etwas schenken. Und eine Genehmigung hat der Hergelaufene für dieses Geschenk nicht, und da gibt es eine Vorschrift, dass es eine Genehmigung braucht, und wenn der die nicht hat, dann muss die Pergola weg, und das Rathaus behält seine Türen, weil die Eifrige dann keinen Grund mehr hat, sie zuzuknallen. Und du bist der Held des Tages, dank meiner Hilfe und ich hoffe, du wirst dich daran erinnern, wenn ich mein neues Haus baue, oder ich werde dich dann daran erinnern, darauf kannst du dich verlassen!“ Dem Baubeauftragten schwirrte zwar der Kopf, aber erkannte seinen Rettungsanker und griff beherzt zu. Und so machte der Rechtsbeauftragte einen Rechtsprozess, und weil der Mann aus dem sonnigen Land keine Genehmigung für sein Pergolageschenk hatte, sprach der Richter, dass die Pergola sofort verschwinden sollte. Denn außerdem hätte er von einer inneren Stimme gehört, dass die Pergola hässlich sei, und da diese Stimme aus dem Rathaus kam, muss man das ja glauben.
Der DIVAN-Wirt verstand die Welt nicht mehr. Da wollte er nun Gutes tun, aber offenbar gefiel das einigen Leuten nicht. Vielleicht gefiel denen auch nicht, dass so viele Frauen unter seiner Pergola lächelten, aber dann hätte er ja auch gleich in seinem sonnigen Land bleiben können. Also nahm der Mann seinen ganzen Mut, hungerstreikte viele Tage und schrieb einen Brief, dass die Pergola doch bitte bleiben sollen können dürfte. Und ganz viele Menschen unterstützten das, und es wurde ein dicker Brief mit vielen Unterschriften. Und es erschien ein alter und weiser Gelehrter, der viel vom Bauwesen, Schönheit und Architektur verstand, und diese Stadt wirklich liebte. Deswegen sah er sich die Pergola lange an, schüttelte den Kopf und ging zum Bürgermeister. Er klopfte, trat vor den Bürgermeister und sprach: „Auch wenn ihr es nicht hören wollt, aber eure eifrige MitarbeiterInnin ist ziemlich doof. Die Pergola ist schön, und wenn ihr ein wenig Sachverstand hättet, und nicht nur Eure Vorschriften anbeten würdet, dass gäbe es diese Posse um den Abriss gar nicht!“
Wenig später knallten im Rathaus die Türen ganz besonders laut.
Inzwischen hatten sich viele Leute der Stadt vor dem Rathaus versammelt, um gegen den Abriss der Pergola zu protestieren. Da trat Wolf, der Bürgermeister auf den Balkon des Rathauses, fletschte seine Zähne und sprach: „Liebe Leute, ich würde ja die Pergola auch am liebsten stehen lassen, aber es ist nun mal eine Vorschrift da, und die Vorschrift ist heilig! Sonst könnte hier ja jeder eine Pergola schenken. Und ihr wollt doch sicherlich keine Stadt voller Pergolas, oder? Sonst könntet ihr ja gar keinen Himmel mehr sehen, und alle würden im Winter unter der Schneelast begraben.“ Das hatte ihm übrigens sein Pressebeauftragter eingeflüstert. Der war in der Wahrheitsverdrehung sehr erfahren. Und so zogen die Protestierer zuerst einmal sprachlos von dannen.
So, liebe Freunde, weil das ja ein Märchen ist, kann man sich das Ende ja ausmalen. Die Leute wollten die Pergola behalten, auch ohne Genehmigung, weil sie ja schön und nützlich war. Und deswegen kamen sie zuerst etwas verwirrt zu Hause an. Dann schalteten sie ihre Fernseher aus und dachten an die fernen Gestade, die neuen Ufer und das Lächeln der Frauen unter der Pergola. Sie wurden sich ihrer Sehnsüchte bewusst, versammelten sich spontan, gingen zum Rathaus und jagten den Bürgermeister und seine ergebenen Mitarbeiter fort. Erschöpft, aber zufrieden setzten sie sich unter die Pergola und feierten bis in die frühen Morgenstunden. Denn sie hatten das erste Mal eine wirkliche Revolution gemacht. Obwohl es das in diesem Land noch nie richtig gegeben hatte. Und der DIVAN-Wirt fährt gerne ab und zu in sein sonniges Land, weil da mittlerweile kluge Menschen regieren. Aber er kommt immer wieder zurück, weil er im DIVAN seine zweite Heimat gefunden hat. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann sitzen der Wirt und seine Gäste immer wieder unter der Pergola und genießen das Lächeln der Frauen.
Da das Märchen aber in Deutschland spielt, und entfernt an eine reale Geschichte anlehnt, wird die Pergola selbstverständlich abgebaut und der Bürgermeister bleibt mit seinen ergebenen Mitarbeitern im Amt. Aber es gibt trotzdem eine Veränderung: die Türen im Rathaus knallen nicht mehr, und der Büroschlaf ist wieder gesichert. Gute Nacht!
Für meinen Freund Denis Gök
© Matthias Huth 14. August 2014
9. August 2014
Liebe Freunde und Unterstützer des Divan!
Es war ein aussichtsloser Kampf, und nun ist er beendet. Am 17. August 2014 wird die Pergola endgültig abgebaut, da weder Hungerstreik, zweitausend Unterschriften, drei Gütetermine oder das Gutachten eines anerkannten Thüringer Denkmalschützers ausgereicht haben, um Wolfs Mannschaft zum Einlenken zu bewegen. Es war ein teueres Geschenk, welches ich der Stadt gemacht habe, und es wird mich auch noch einmal viele Euros kosten.
Anstatt zu verbittern, werden wir den Abbau am
Freitag, den 15. August 2014 um 20:00 im DIVAN
mit einem Fest feiern, damit sich alle Interessenten noch einmal über die Geschichte und den Ablauf dieser Stadtwillkürlichkeit informieren können. Es wird ein fröhliches Begräbnis werden, bei dem verschiedene Künstler mitwirken: Lubina verzaubert uns wieder mit ihrem tänzerischen Können, der syrische Gitarrist Gaith Aljammal wird mit seinem Instrument Flamenco und Arabic Style spielen, der Erfurter Bildhauer Gernot Egwald Ehrsam zeigt seine „Hommage an Bach“ und stellt seine Kunstaktion mit der Pergolafolie in Köthen vor, und mein Freund Matthias Huth spielt ein bisschen Klavier. Und vielleicht gibt es auch noch die eine oder andere spontane Überraschung. Ich lade Euch alle ein, bei hoffentlich sommerlichem Wetter das letzte Mal unter der Pergola zu verweilen.
Euer Denis Gök
12. Oktober 2013
Liebe Freunde des Divan und Facebook-Kritiker!
Dies ist eine Entschuldigung UND eine Verteidigung. Es gab zwei Plakate, an denen sich offenbar die Diskussion entzündete. Auf dem Einen stand: „Ich bin braun, Du denkst braun.“ Das bezieht sich nicht auf den OB, genauso wenig, wie ich ein Nazi bin. Aber ich habe selbst erlebt, wie man hier in Weimar teilweise (nicht immer) mit Ausländern umgeht. Und da sollten sich schon Einige an die Nase fassen. Beispielsweise Anja Schnürpel auf Facebook. Erstere Kritik kann ich ja nachvollziehen, aber wenn Du dann sagst: „ Meinungsfreiheit...wie schön doch Deutschland ist! Ich bezweifle das türkische Behörden diesen Affentanz mitgemacht hätten!“, dann zeigt das eine Geisteshaltung. Soll ich jetzt froh sein über städtische Betonköpfe? Aber dazu später.
Auf dem anderen Plakat stand: „Rotkäppchen: was hast Du gegen meine Kappe? Wolf: Weil sie nicht braun ist!“ Gut, ich bin des Deutschen vielleicht nicht so mächtig wie ihr (deswegen liest ein deutscher Freund auch diesmal meine Meinungsäußerung und korrigiert sie, weil sich ein paar korrekte Deutsche über die Rechtschreibung in meinem letzten Aufruf zur Protestveranstaltung am 18. Oktober beschwert haben). Also bitte seht mir nach: es geht um Inhalte. Was ich sagen wollte war Folgendes: mit der Kappe des Rotkäppchens ist die Pergolaplane gemeint. Die Stadt wollte unter Anderem die Farbe der Plane ändern, und sie in ein hässliches Braun oder Grau verwandeln. Deswegen habe ich etwas unklug, aber ohne den Hintergedanken, OB Wolf einen Nazi zu nennen, dieses Märchen im Kopf gehabt. Es sollte also witzig sein, weil ich nach all dem Stress meinen Humor noch nicht verloren habe. In der Türkei ist es selbstverständlich, dass man sich bei Plakaten auch auf Märchen und Geschichten bezieht. Die Farbe braun war nicht politisch gemeint, ich hätte auch grau schreiben können. Dumm von mir, insofern finde ich diesbezügliche Kritiken berechtigt, weil man ja tatsächlich denken könnte, ich wollte Wolf in die rechte Ecke rücken.
Aber nun noch mal zu Inhalten und anderen Facebook-Kritiken. Candy Welz findet die Aktion peinlich. Ich finde eher peinlich, wie die Stadt sich dem Divan und seinen Unterstützern gegenüber verhält. Da wird nach einer Pressekonferenz vor vier Monaten, bei der durch Dokumente belegt wird, dass wir alle städtischen Auflagen erfüllt, ja sogar übererfüllt haben, von Wolf ein Kompromiss in Aussicht gestellt. Um das noch einmal klarzustellen: die Pergola war anfangs ein Schwarzbau. Warum das so gekommen ist, kann man bei der Chronik (Link unten) nachlesen. Aber dann hat die Stadt ja, und da gibt es ein Protokoll, im August 2010 Nachbesserungen gefordert. Also entweder hätte die Stadt gleich auf einem Abriss bestehen müssen. Aber erst zu fordern, dass ich für viel Geld die städtischen Ansprüche befriedigen soll, und nach Erfüllung dann doch zum Abreißen zwingen: das geht nicht! Die Pergola stört niemanden, insofern gehen mir Argumente in der Tonlage „wenn das alle machen würden“, langsam auf die Nerven. Über 2000 Menschen haben für den Erhalt der Pergola unterschrieben, Dutzende sind in den Divan gekommen, und haben mir und den Divan-Mitarbeitern ihr Unverständnis über die städtische Engstirnigkeit erklärt. Und immerhin habe ich meinen Hungerstreik nur deshalb beendet, weil der stellvertretende OB, Peter Kleine, schon damals einen Kompromiss in Aussicht gestellt hatte. Der sah dann so aus, dass drei Wochen später die erste Abrissverfügung kam. Entschuldigt den harten Ausdruck, aber ich fühle mich von der Stadt verarscht.
Und wenn Candy Welz die Aktion peinlich findet: was sollten wir denn besser machen, um Aufmerksamkeit zu erringen? Wir hätten den „heiligen“ Zwiebelmarkt mit seinen Prozessionen doch gar nicht gestört, wenn Wolf mit offenen Karten spielen würde. (Übrigens hat er vor Jahren mit seiner Zwiebelmarkprinzessin lächelnd unter der Pergola gestanden, vielleicht hat er das ja vergessen?) Deswegen sollte man hier nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Um es noch einmal klarzustellen: niemand soll hier unverantwortlich in die rechte Ecke gestellt werden. Wenn ich Wolf für einen Nazi halten würde, dann hätte ich das geschrieben. Und wer weiß, was ich in der Türkei erlebt habe, und warum ich nicht mehr dort lebe, der sollte schon voraussetzen, dass ich die persönliche Integrität für ein hohes Gut halte. Aber da ich nun mittlerweile so klug war, auch mal ein paar Anwälte zu befragen, weiß ich jetzt, dass bei erteilten Auflagen der sogenannte Bestandsschutz gilt. Ein Verwaltungsgerichtsurteil, im Nachhinein von der Stadt bestellt, war eigentlich nicht rechtens. Deswegen habe ich gehungert. Und was Weimar für ein Signal sendet, wenn sie durch den Abriss der Pergola einen multikulturellen Treffpunkt in der Stadtmitte zerstört, will ich den Lesern dieser langen Antwort überlassen. Ich habe, ohne mich zu brüsten, hunderte von kulturellen Veranstaltungen aus eigener Tasche bezahlt, um der Stadt etwas zu bieten. Das sollte man, bei aller berechtigter Kritik über meine ungenaue Formulierung auf den Plakaten, bedenken. Deswegen kommt am Freitag, den 18. Oktober auf den Theaterplatz. Es geht hier nicht um die privaten und geschäftlichen Interessen eines Kneipers, sondern um die Art, wie Wolf und die Weimarer Verwaltung mit mir umgeht. Wolf hat gelogen als er öffentlich bekanntgab, die Pergola bedrohe Leib und Leben der Bürger. Er war zynisch als er zu meinem Hungerstreik öffentlich verkündete: „Jeder kann bei uns Fasten wie er will!“ Und er hat uns mit seinen angeblichen Kompromissangeboten getäuscht. Und das sollte schon öffentlich verhandelt werden. Denn wenn ich dieses Land gewählt habe, dann wegen seiner schwierigen, aber immerhin bestehenden Demokratie. Und diese zu nutzen ist keine Gnade für einen Ausländer, sondern als Bürger dieser Stadt mein gutes Recht. Zum Schluss: am Freitag werde ich zum Pergolaprotest um 14 Uhr auf dem Theaterplatz aufdecken, was mir bei der Demonstration am Samstag früh auf dem Zwiebelmarkt durch städtische Willkür und bewusste Provokation widerfahren ist. Und dann reden wir noch einmal über Ausländerfeindlichkeit in Weimar!
Denis Gök (protokolliert und ausformuliert von Matthias Huth)
10. Oktober 2013
Liebe Freunde des Divan,
mittlerweile ist eine Menge geschehen. Anfang August 2013 gab es im Nachgang der Pressekonferenz am 4. Juli (siehe unten) ein als Kompromissangebot tituliertes Treffen mit Vertretern des DIvan und der Stadt. Denis Gök, „Baba“ und Mediator Alan Bern (war nun mittlerweile bereit, auch öffentlich zu agieren) saßen zwölf Stadtbediensteten gegenüber. Nachdem Denis Gök Dutzende von Kompromissvorschlägen auf den Tisch gelegt hatte, auch wenn die Pergola dadurch hässlicher und kleiner geworden wäre, mauerten die Gegenseite. Einziges Einlenken der Stadt: beide Segmente links und rechts entfernen (Gök hatte sich zu einem Segmentrückbau, links oder rechts bereiterklärt, die Stadtvariante hätte den Vorbau sichtlich verschandelt) oder eine vollständige Neugestaltung des Hofs, vom Besitzer Meleghy bezahlt. Abgesehen von ungeklärten Erstattungen wäre letztere Variante mit erheblichem materiellen Aufwand verbunden. Insofern war eigentlich schon klar, dass die Stadt keinen Kompromiss suchte, sondern wegen der geplanten Entfernung der Pergola ihr Gesicht wahren wollte. Zudem waren weder Wolf noch Griegutsch bei dem Gespräch zugegen: Auch eine Art, Interesse an Lösungsansätzen zu zeigen. Fazit: Feigenblätter oder taktierendes Geschwätz lösen das Problem nicht. Deswegen wird es nun, nach Aktionen zum Zwiebelmarkt, die eine weitere Öffentlichkeit herstellen sollen, eine Protestveranstaltung auf dem Theaterplatz am
Freitag, den 18. Oktober 2013 zwischen 14 und 18 Uhr
geben. Vielleicht eine der letzten Chancen, die Divan-Pergola zu retten ...
Das Divan-Team
17. Juli 2013
Liebe Freunde des Divan,
am 4. Juli 2013 haben wir im Divan eine Pressekonferenz einberufen, welche den anwesenden Journalisten noch einmal verdeutlichen sollte, dass in Sachen Terrassenvordach alle Auflagen der Stadt erfüllt sind, und somit ein Abriss nicht mehr statthaft wäre.
Im Podium saßen Prof. Hermann Wirth, Gernot Egwald-Ehrsam (Bildhauer aus Erfurt), Denis Gök und Mehmet Baba vom Divan, Elisabeth Mosafer (Architektin und „juristische Fachfrau“) sowie Matthias Huth (Künstler und freier Journalist)
Unserer Einladung sind die TA/TLZ Weimar, der MDR, Salve und Radio Lotte gefolgt. Wir waren über die Resonanz und die ausgewogene Berichterstattung sehr erfreut. (Die jeweiligen Beiträge könnt Ihr unter der unten angegeben Website einsehen, bzw. herunterladen).
In buchstäblich letzter Sekunde tauchte zwei Stunden vor der Pressekonferenz ein Freund auf, der sich selbst als Mediator anbot, da er einen „persönlichen Draht“ zu OB Wolf hatte. Dabei stellte sich heraus, dass der Abriss der Pergola schon in dieser Woche geplant war. Durch die Einwirkung des Mediators, der uns bat, aufgrund seiner Vermittlerrolle, nicht namentlich genannt zu werden, wurde dieser Abriss zunächst ausgesetzt, sodass wir mit der Pressekonferenz offenbar genau zum richtigen Zeitpunkt kamen. Allerdings teilte uns an diesem Morgen der Vermittler auch mit, dass die Brandschutzauflagen von der Stadt jetzt offenbar erhöht werden sollten, von Standard F30 auf F90.
(F30 bedeutet, dass die Plane schwer entflammbar, F90, dass die Plane nicht entflammbar ist). Am 5. Juli bekamen wir endlich das Gutachten für die Plane, welches sogar den erhöhten Standard bescheinigte. Alle Unterlagen wurden am 4. und 5. Juli persönlich zu OB Wolf gebracht. Der hatte sich die Akten noch einmal gewünscht, und ließ durch den Mediator wissen, dass er die Gutachten und die damit verbundenen Sachverhalte noch einmal im Sinne einer Einigung prüfen wolle.
Wir hoffen, dass dies kein taktisches „Spiel auf Zeit“ ist, denn bis heute (17. Juli 2013) haben wir noch nichts Offizielles aus dem Weimarer Rathaus gehört. Wir hatten eigentlich vor, unseren nächsten PERGOLAPROTEST am 18. Juli einzuberufen. Doch aus Fairness und Kompromissbereitschaft wollen wir der Stadt noch etwas Zeit lassen, um die Akten zu prüfen und sich zu einer Entscheidung durchzuringen.
Nun werden wir uns also zum nächsten PERGOLAPROTEST wieder am Donnerstag, den 25. Juli 2013 treffen. Mal sehen ob es eine Feier, oder eine weitere Protestveranstaltung wird.
Das Divan-Team
23. Juni 2013
Liebe Freunde des Divan,
der erste PERGOLAPROTEST am vergangenen Donnerstag war für uns ein Erfolg. Trotz der, von der Weimarer Stadtspitze bestellten Unwetterwarnung (grins!) sind fünfundzwanzig Personen gekommen, die unser Anliegen unterstützt haben. Zudem hat der freundliche Kameramann Johannes Romeyke gefilmt, und Birgit Hünniger von Radio Lotte einen klugen Betrag gebastelt, der am nächsten Tag gesendet wurde. Dank auch noch an Thomas Adapoe, der uns kostenlos ein Headsetmikro zur Verfügung stellte, das wir letztendlich gar nicht gebraucht haben. War aber eine tolle Geste.
Lubina „bauchtanzte“, ich habe etwas vorgelesen, und wir haben noch bis spät in die Nacht gemütlich gesungen und geplaudert. Ein offenes Feuer flackerte unter dem Terrassenvordach, der Starkregen hat die Plane begossen, und wir saßen unter der Pergola und sind weder ertrunken noch verbrannt.
Viele Eingeladene haben mich vor und nach dem PERGOLAPROTEST angerufen und wegen der Kurzfristigkeit bedauert, nicht mit dabei gewesen sein zu können. Und alle wollten natürlich wissen wie es weitergeht.
Also: am Donnerstag, den 11. Juli 2013, 20 Uhr im Divan ist der nächste PERGOLAPROTEST geplant. Es wird sicher wieder Lustiges und Sinnliches geben, und auch unterschiedliche Musik eine Rolle spielen. Wir laden gesondert per Mail und telefonisch ein. Alle, die sich unter dem Terrassendach des Divan wohlfühlen und merken, dass in der Stadtpolitik Einiges aus dem Ruder läuft, sollten sich den Termin schon mal in ihren Kalender eintragen. Vorher wird es unter der Pergola ein Kinderprogramm geben, da warten wir aber bis das Sommerwetter stabil ist.
Gerhard Schöne hat einmal gesungen: Alles muss klein beginnen.
Ein schöner Anfang ist gemacht.
Matthias HUTH
14. Juni 2013
Liebe Freunde des Divan,
Wir haben vielleicht zu lange gewartet und uns vertrösten lassen. Nun finden wir es aber endgültig an der Zeit, ein Zeichen gegen die Willkür und sinnlose Paragraphenreiterei der Weimarer Stadtspitze zu setzen. Der von ihr geforderte Abriss des Terrassendachs vor dem „Divan“ ist nur ein Beispiel für das Agieren des Oberbürgermeisters und seiner Gefolgsleute, die mit Tricksen, Täuschen, Beschwichtigen und gerichtlicher Macht eine Art Friedhofsruhe und ein getreuliches Abnicken aller Verwaltungsentscheidungen erreichen wollen.
Die gewählten Volksvertreter scheren sich offensichtlich nicht mehr um die Interessen ihrer Wähler, sonst wäre der Streit um die Pergola gar nicht entstanden. Da werden angebliche Kompromisse angeboten, Demonstrationen verhindert und letztlich offenbar private Machtinteressen durchgesetzt. Da wird eine angebliche Gefahr für Leib und Leben inszeniert, um eine Stimmung gegen einen ausländischen Mitbürger zu schüren, der sich mit seinem gastronomischen und persönlichen Einsatz in Weimar sehr verdient gemacht hat.
Wir unterstellen der Stadtspitze keine Ausländerfeindlichkeit, da sie ja mit den angestammten Weimarern genauso umgeht.
Deswegen eröffnen wir mit PERGOLAPROTEST einen Aktionsreigen, der beweisen soll, dass in dieser Stadt eine wehrhafte außerparlamentarische Demokratie möglich ist.
Jeder, der das Terrassendach des „Divans“ nicht entfernt wissen will, sollte sich deshalb am Donnerstag, den 20. Juni 2013 um 20 Uhr im „Divan“ einfinden. PERGOLAPROTEST wird viele Sinne ansprechen, die Lachmuskeln reizen, und vielleicht Gemeinschaftsgefühl und etwas Romantik vermitteln.
Lasst Euch einfach überraschen, und zeigt mal wieder, dass ihr Euch nicht alles gefallen lasst! Macht PERGOLAPROTEST bekannt, ladet Eure Freunde und Bekannten ein, holt Euch die Plakate vorher im „Divan“ ab, oder ladet sie herunter, druckt sie aus, und verteilt sie überall in Weimar.
Lasst uns die Erfahrung des gemeinsamen Widerstands neu entdecken!
13. Juni 2013
Liebe Freunde des Divan,
Bei dem geforderten Abbau des Divan-Terrassendachs geht es eigentlich um eine Willkürentscheidung, die von der Stadt als amtlich notwendige Maßnahme verkauft wird.
Aber auch wir sind Bürger dieser Stadt, und wollen, diese Oase, diesen luftigen multikulturelle Treffpunkt in der Innenstadt erhalten.
Der Liedermacher Gerhard Schöne hat einmal gesungen: „Alles muss klein beginnen“.
In der Türkei waren es die Bäume, in Brasilien der Fussball, in Algerien die gestiegenen Lebensmittelpreise, in Tunesien ein Blumenhändler und in Stuttgart ein Verkehrsprojekt.
Jetzt werden sicher einige Journalisten und Leute mit verschränkten Armen sagen: Wollt ihr denn den Pergolaprotest damit vergleichen? Greift ihr da nicht ein wenig hoch?
Und wir antworten: wir sind zwar noch klein, aber Alles muss klein beginnen.
Lasst uns mit dem Pergolaprotest einen Anfang setzen.
Es geht nicht nur um die Pergola, sondern um Entwicklungen, die in dieser Stadt einfach falsch laufen.
In diesem Sinne: lasst uns klein beginnen.
9. Juni 2013
Denis Gök vom Divan hat seinen Hungerstreik beendet. Denn Peter Kleine, der stellvertretende Oberbürgermeister Weimars signalisierte ihm nach einer Pressekonferenz, dass die Stadt dem Restaurantbetreiber in der Streik-Angelegenheit entgegenkommen würde. Das stand auch in der örtlichen Presse.
Denis Gök war wegen seiner Terrassenüberdachung schon immer kompromissbereit, obwohl es ja für den normalen Menschenverstand nicht einsehbar ist, dass dieser Aufbau überhaupt weg müssen soll. Aber da zieht wohl jemand im Rathaus intrigante Strippen...
Mittlerweile besitzt Denis Gök auch ein Schreiben von Christine Lieberknecht, beruflich momentan Ministerpräsidentin des Freistaates Thüringen, die ihm darin versichert, dass Sie mit dem Vorgehen Weimars bezüglich der Überdachungs-Problematik nicht einverstanden ist.
Gestern hat Denis Gök ein Einschreiben von der Stadt bekommen. Darin steht sinngemäß und ultimativ, dass er seine Terrassenüberdachung nun abbauen soll. Ansonsten wird mit „gewaltsamer“ Entfernung des Vorbaus durch eine Firma gedroht.
So sieht also das Entgegenkommen der Wolf-Bagage aus: erst den Widerstand versuchen klein zu halten, machtvoll und sinnlos prozessieren und dann, nach öffentlicher Aufmerksamkeit und Protesten beschwichtigen und in der Hinterhand schon das Schwert aus der Scheide ziehen.
Aber vielleicht hat der Kleine und seine Hintermänner- und frauen mit „Entgegenkommen“ gemeint, dass die Stadt dem Denis Gök jetzt mit aller Macht entgegenkommt. Was sollen da lästige Argumente...
Und außerdem hat man im Rathaus seinen Goethe gelesen: „...Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt..."
Gelesen, aber nicht verstanden.
Es gilt, aufmerksam und wehrhaft zu bleiben!
9. Juni 2013
Matthias Huth auf facebook
Bäcker Rost hat gestern fünf Sterne bekommen. Da war mal wieder eine Gedenktafel fällig, die unserer Oberbürgermeister selbst angebracht hat. Das heißt, er wurde OFFIZIELL mit einem Akkuschrauber gesichtet. Deswegen sei hier darauf verwiesen, dass er , wenn er schon mal so ein Werkzeug in der Hand hält, und ja immer um das Wohl der Bürger besorgt ist, vielleicht auch gleich persönlich die Pergola abschrauben könnte, da ja hier permanent Gefahr für Leib und Leben der Besucher besteht. Zumindest hat das Rathaus so etwas gestern in der Thüringer Allgemeinen verlauten lassen. Aber die blöden Bürger lesen offenbar keine Zeitung, denn gestern zur Nacht der Museen wurden wieder viele Besucher gesichtet, die lachend , essend und trinkend unter dem Terrassendach saßen, sich offenbar wohl fühlten und von dieser großen Gefahr offenbar nichts merkten. Und einige fanden diese Pergola offenbar auch schön, aber um Schönheit geht's ja nicht, wie der OB verlauten ließ. Und für die Schönheit hat er ja auch eine eigene Fachkraft (Frau G.), die sich da im Hintergrund mit voller Energie einbringt. Aber vielleicht sollte sich Denis Gök mal mit einem Reisebüro verbünden, dann könnte man ja einen Abend unter dem lauschigen Terrassendach als Abenteuerurlaub verkaufen. Und die Stadt kassiert die Gefahrenzulage...
der "Divan" und seine Unterstützer
Per SMS von OB Stefan Wolf an den Divan am 4. Juni 2013
Liebe Diskutierende, es geht doch weder um Schönheit noch ähnliches. Das Dach muß schlichtweg standsicher sein und es darf keine Brandgefahr von ausgehen für die Hotelgäste in der 1. Etage. Das vom Bauherrn eingereichte statische Gutachten besagt, dass es nicht standsicher ist und der Nachweis hinsichtlich des Brandschutzes ist trotz vielfacher Aufforderung nicht geführt. Hinsichtlich der Gefährdung von Menschen gibt es da keine Kompromisse.
per facebook als Antwort auf die SMS von Stefan Wolf am 4. Juni 2013
Sehr geehrter Herr Wolf,
die Gefahren, welche hier von Ihnen beschworen werden, sind meines Erachtens nach gegenstandslos. Sowohl die Statik als auch die brandschutztechnische Sicherheit der Terrassenüberdachung sind nachweisbar bestätigt bzw. die diesbezüglichen Auflagen vollständig erfüllt worden. Es besteht also keinerlei Gefahr für Hotelgäste oder "Divan"-Besucher, auch wenn Sie das den "Diskutierenden" suggerieren wollen.
Die Stadt will hier offenbar einen Präzedenzfall schaffen. Wenn hier wirklich etwas gefährdet scheint, dann ist es das demokratische Selbstverständnis Ihrer Verwaltung. Die Menschen, welche uns hier täglich im "Divan" begegnen, reagieren auf dieses unverhältnismäßige Durchgreifen der Stadt mit wachsendem Unverständnis.
Übrigens: Bei der jährlich wiederkehrenden Glatteis-Gefahr sind die Menschen offenbar viel mehr gefährdet. Da wird aber nur gegen Falschparker durchgegriffen und die Stadt zuckt wegen finanzieller Überlastung mit den Schultern.
Im Grunde geht es bei dem jetzigen Einschreiben, und der darin enthaltenen Androhung einer Entfernung der Terrassenüberdachung um die Frage der Verhältnismäßigkeit. Lassen Sie endlich dem "Divan" seinen Frieden, und verschanzen Sie sich nicht unter angeblichen "Haftungsrecht". Die Gerichtsentscheidung ist nur deshalb ohne Widerspruch gelaufen, weil sich Denis Gök nach seiner Investition in den Vorbau nicht in der Lage sah, noch weitere Gerichtskosten zu stemmen. Trotzdem ist nach heutigem Erkenntnisstand die Notwendigkeit eines Abbaus unserer Meinung nach mehr als fragwürdig.
Wenn Sie, wie in der Presse dokumentiert, durch Ihren Stellvertreter Peter Kleine Kompromissbereitschaft signalisieren, die letztendlich zur Beendigung des Hungerstreiks von Denis Gök geführt hat, sollte das keine Farce oder ein weiterer Beschwichtigungsversuch sein. Der Kompromiss kann doch nicht darin bestehen, dass Herr Gök oder eine Fremdfirma die Terrassenüberdachung abbaut. Denn das läuft im Endeffekt nur auf die Entfernung des Vorbaus hinaus, und das soll doch eigentlich verhindert werden. Zumal es ja offensichtlich gar keine bessere Alternative gibt.
Wir werden jedenfalls weiter die Öffentlichkeit suchen und finden und dieses bürokratische Vorgehen nicht kampflos hinnehmen.
Matthias Huth
16. April 2013
Herrn
Oberbürgermeister Wolf
Schwanseestraße 17
99423 Weimar
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Wolf,
seit dem 1. April 2013 befindet sich Denis Gök, der Besitzer des orientalischen Café-Restaurants Divan in Weimar, im Hungerstreik, um die Überplanung vor dem Restaurant zu erhalten.
Dieses Ziel möchte ich als Bürger der Stadt Weimar unterstützen!
Die von der Stadt Weimar dagegen angeführten denkmalschutzrechtlichen Gründe kann ich nicht nachvollziehen.
Denn zum einen ist die gewählte Plane ästhetisch wesentlich ansprechender als acht große Gastschirme mit Bier- oder Zigarettenwerbung. Zum anderen wird die Sicht auf den denkmalgeschützten Teil und damit die Erlebbarkeit des Drei-Seiten-Hofes (Schaller'schen Hofes) mit der Überspannung durch eine Plane viel mehr gefördert als durch das Aufstellen von die Sicht sehr stark behindernden Gastschirmen.
Die Unterseite der Plane, auf der der Betrachter von unten in einem Hafen Schiffe entdecken kann, die vielleicht in den Okzident aufbrechen, trägt wesentlich zum orientalischen Ambiente des Divan bei.
Bitte nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, den Divan, in dem Ihr Vorgänger Altoberbürgermeister Dr. Germer die Einweihungsrede gehalten hat, als eine von vielen Bürgern und zahlreichen Besuchern der Stadt Weimar geliebte Bereicherung der städtischen Kulturlandschaft zu erhalten.
Unter der jetzigen Plane mit ihrem orientalischen Flair und ihrem besonderen Charme - so drücken es viele Gäste aus - fühlen sich sofort alle Gäste zusammengehörig und genießen bei witterungsunabhängiger Atmosphäre und einem Glas Wein von hier, oft über Stunden, den barocken Charakter der Dreiflügelanlage des Schaller'schen Hofes und lassen diese Eindrücke auf sich wirken, die dann unvergesslich bleiben. Ohne die Möglichkeit, im und vor dem Divan zu verweilen, wären die meisten dieser Besucher schon nach wenigen Minuten wieder verschwunden.
Erwähnt werden sollte auch, dass das Gebäude, in dem sich der Divan befindet, selbst nicht denkmalgeschützt ist, ästhetisch wenig ansprechend und zudem fünf Meter versetzt an einer "falschen" Stelle steht. Diese "Fehler" werden durch die vorhandene Überplanung kaschiert, was die Wirkung der denkmalgeschützten Drei-Flügel-Anlage des Schaller'schen Hofes weiter verbessert.
Schlichte Brauereigastschirme würden sowohl das orientalische Ambiente des Divan als auch die Wirkung der denkmalgeschützten Anlage zerstören und die Lärmbelästigung verstärken. Daran kann niemand ein Interesse haben.
Als Bürger unserer Stadt möchte ich an Sie appellieren, eine für alle Beteiligten gute Lösung zu erreichen und mit dem Kleinod Divan in Weimar, der Kulturhauptstadt Europas, weiterhin zur kulturenübergreifenden Völkerverständigung beizutragen.
Matthias Huth
PS. Ich werde Herrn Denis Gök mit geeigneten Aktionen unterstützen.
Von: DezernatOberbuergermeister@stadtweimar.de
Datum: 17. April 2013 10:23:25
Betreff: AW: Überplanung vor dem Café-Restaurant Divan / Hungerstreik des Divan-Besitzers Denis Gök
Sehr geehrter Herr Huth,
der Streit um die Pergola geht nun schon ziemlich lange und es handelt sich nicht um geschmackliche Differenzen. Der Bau der Pergola wurde ohne Genehmigung errichtet. Nun kann man über bestehende Gesetzlichkeiten im Baurecht unterschiedliche Auffassungen vertreten, doch als Verwaltung sind wir an Recht und Gesetz gebunden und müssen auch selbstverständlicher weise den Gleichbehandlungsgrundsatz aller Menschen immer vertreten.
Der Eigentümer hatte also vor ca. 1 ½ Jahren ohne Genehmigung gebaut und die Nachbarn haben sich beschwert. Gegenstand war u.a. der Brandschutz, denn im Brandfall blockiert die Pergola den Fluchtweg für Hotelgäste aus der 1. Etage des darüberliegenden Hotels.
Die denkmalrechtlichen Aspekte, die zum damaligen Zeitpunkt formuliert wurden, sollten durch mehrere Kompromissangebote seitens der Verwaltung so verkleinert werden, dass sie im Weiteren keine Rolle mehr gespielt hätten.
Beides, sowohl der brandschutztechnische als auch der denkmalrechtliche Aspekt wurde durch den Eigentümer allerdings in vollem Umfang auf dem Gerichtsweg eingeklagt. Das Gericht hat bezüglich des Streits und aufgrund ihrer Auslegung einen Vergleichsvorschlag gemacht, den die Stadt akzeptiert hat, der Eigentümer aber leider nicht. Er kam daher nicht zustande und das weitere Beschreiten des Rechtsweges führte dazu, dass der Eigentümer den Prozess verlor.
Sicher verwundert Sie, dass ich vom "Eigentümer" spreche. Das liegt daran, dass Herr Gök weder Eigentümer noch Betreiber ist und dass die rechtliche Betrachtung bzgl. Bauantrag, Brandschutz oder Denkmalpflege aus Sicht der Verwaltung ausschließlich mit dem Eigentümer verhandelt werden kann.
Momentan versucht Herr Gök, dieses (im gerichtlichen Verfahrensweg auch durch die Handlungen des Eigentümers entstandene Ergebnis) mit Nichtakzeptanz zu belegen und die Interessen auf dem Weg der Öffentlichkeit durchzusetzen.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, wenn ich klar sage, dass dem Verwaltungshandeln dann Grenzen gesetzt sind, wenn Ungleichbehandlung oder Besserstellung einiger weniger gefordert werden und diese Forderungen mit erpressungsähnlichen Formen durchgesetzt werden sollen.
Ich frage Sie, ob Sie dem zustimmen würden, wenn jemand offiziell beantragt, auf ihrem Grundstück zu verhungern?
Ich hinterfrage hier, ob eine "schwarz" gebaute Garage nicht mit der "schwarz" gebauten Pergola des Divan gleichgesetzt werden muss?
Wenn die Umsetzung des Rechts für einen eingefordert wird und für den anderen nicht gelten soll, ist das nicht Verwaltungswillkür?
Kann man denn eine "Verzweiflung gegenüber bestehender Bürokratie" formulieren, wenn man von eben dieser Bürokratie im Gegenzug Verstöße gegen geltendes Recht verlangt?
Seien Sie versichert, dass sich Herr Wolf diesbezüglich viele Gedanken macht und nach einer zufriedenstellenden Lösung, die aber nicht Recht oder Gesetz umgehen kann, sucht.
Mit freundlichen Grüßen,
Katrin Christ- Eisenwinder
Büro des Oberbürgermeisters
Büroleiterin/ Persönliche Referentin des OB
Tel (03643) - 762615
Fax (03643) - 762605
Betreff: Re: AW: Überplanung vor dem Café-Restaurant Divan / Hungerstreik des Divan-Besitzers Denis Gök
Datum: 17. April 2013 22:10
An: DezernatOberbuergermeister@stadtweimar.de
Sehr geehrte Frau Eisenwinder,
Ich finde die Pergola weder hässlich noch unpassend, und ich meine zudem, dass sich die Stadt mit dieser Paragraphenreiterei wieder mal tüchtig blamiert. Es hat sich nach meiner Kenntnis auch kein Nachbar beschwert, aber vielleicht können Sie konkrete Namen nennen.
Auch scheint das mit dem Brandschutz ein vorgeschobenes Argument zu sein, denn nach meiner Kenntnis wurden die brandschutztechnischen Auflagen erfüllt.
Und zum denkmalrechtlichen Aspekt: Wenn eine Weimarer Denkmal-"Institution" wie Prof. Wirth die Pergola nicht verwerflich findet, dann sollte das eigentlich Anlass genug zum Einlenken sein. Es gibt doch wahrlich andere Bausünden in dieser Stadt. (Und nebenbei: unsere Vermieterin hat im Innenstadtsbereich einfach eine Garage abgerissen und den Platz frei gestaltet. Da war offensichtlich auch keine Genehmigung vonnöten.)
Auch die Kompromissbereitschaft der Stadt wage ich zu bezweifeln. Vor allem finde ich aber solche Äußerungen von Herrn Wolf wie die zitierte Aussage: "Jeder kann fasten wie er es möchte" sowohl instinktlos als auch unangemessen. Vielleicht habe ich da was nicht mitgekriegt, aber ist OB Wolf überhaupt noch Mitglied der SPD?
Und zu der "Eigentümerfrage": War Denis Gök als die Pergola angebaut wurde kein Eigentümer?
Noch eine Ungereimtheit: Wenn diese Pergola gebaut wurde, und das hat ja offenbar keine illegale Firma gemacht, dann muss doch die Firma auch nach einer Genehmigung fragen, oder? Sonst könnte ich beispielsweise mit viel Geld eine Firma beauftragen, das Stadtschloss niederzurreißen (was ich nicht beabsichtige, da wären die Klötze in der Coudraystraße mehr mein Fall:-))
Das Ganze sieht mir, ehrlich gesagt, eher nach einer Privatfehde aus, vielleicht ist ja Herr Gök mal einer MachtpersonIn auf den Fuß getreten?
Zu Ihrer dritten Frage: Das Argument in Lesart "Das könnte ja dann jeder machen" kenne ich zur Genüge. Meines Erachtens hätte es bei sensiblen Herangehen der Stadt gar nicht zu dieser Lage kommen sollen, und auch der Gleichbehandlungsgrundsatz ist m.E. nach in diesem Fall verfehlt aufgeführt. Ich glaube nämlich sicher zu wissen, dass auch bei einem Erfolg für Herrn Gök in Weimar nicht die Anarchie ausbrechen wird. Oder sollte sich da nach Jahrhunderten etwas geändert haben?
Aber ich bin gespannt, wie Herr Wolf sich nach ihrer Versicherung nun "Gedanken macht, zu einer zufriedenstellenden Lösung" zu kommen. Ich hoffe, das ist dann nicht nur eine zufriedenstellende Lösung für ihn.
Danke dass Sie sich so ausführlich und sofort Zeit genommen haben, auf meine Frage zu antworten. Da weiss ich doch, dass manche Briefe durchaus schnell beantwortet werden können. Dieses Privileg hat ja Herr Gök offensichtlich nicht.
Mit kämpferischen Grüßen
Matthias Huth